Wahlfälschungs-Prozess
News-Blog: Prozess um die Wahlfälschung in Geiselhöring
30. Januar 2020, 10:57 Uhr aktualisiert am 27. Januar 2020, 15:56 Uhr
Fast sechs Jahre nach dem Skandal um die Kommunalwahl in Geiselhöring soll es nun endlich eine juristische Aufarbeitung geben. Im Prozess um die Wahlmanipulation von Geiselhöring sind 14 Termine angesetzt, bis zum 3. April soll voraussichtlich ein Urteil fallen. Lesen Sie die neuesten Entwicklungen in unserem News-Blog.
Donnerstag, 6. Februar
Es war ein Computer des Angeklagten, Karl B., da ist sich Ermittler Herbert R. sicher. Von diesem Computer aus hat Anfang 2014 jemand im Internet Briefwahlunterlagen für mehr als 400 Erntehelfer aus Rumänen und Polen beantragt...
Mehr dazu lesen Sie ab sofort auf idowa.plus und in Ihrer Tageszeitung vom Freitag, 7. Januar 2020. Den Artikel von Alexander Bayer finden Sie hier: Zeuge belastet Karl B. schwer: Auf der Spur der Anträge
Donnerstag, 30. Januar
16.52 Uhr
In dem Artikel unseres Kollegen Alexander Bayer können Sie ab sofort auf idowa.plus und in Ihrer Tageszeitung vom Freitag, 31. Januar 2020, den ganzen Prozesstag nachlesen. Den Artikel finden Sie hier: Verteidigerin von Karl B. wirft Medien "Feldzug der Vernichtung" vor
11.20 Uhr
Schluss für heute. Das Gericht berät jetzt über die Anträge der Verteidigung. Verteidigerin Ricarda Lang lässt abschließend eine Schimpftirade gegen Medienvertreter los. Nächster Termin ist am Mittwoch, 5. Februar.
10.57 Uhr
Die Verteidigerin liest seit etwa einer Stunde Ausschnitte der Berichterstattung über die Geiselhöringer Wahlfälschung vor. So will die Anwältin von Karl B. zeigen, wie sehr der Angeklagte in den vergangenen fünf Jahren unter angeblicher Vorverurteilung gelitten habe.
10.20 Uhr
Das Gericht lädt den heutigen Zeugen ab. Erst will die Kammer über den Antrag der Verteidigung zu seiner möglichen Aussage beraten. Der Zeuge soll an einem späteren Verhandlungstag wiederkommen. Heute geht es weiter mit Anträgen der Verteidigung.
10.05 Uhr
Die Staatsanwaltschaft bezieht Stellung zum Antrag auf Einstellung. Die Verteidigung argumentiert dabei so: Die Höhe der Strafe darf die Schuld des Betroffenen nicht übertreffen. Dazu sagt die Staatsanwältin, dass man, um das zu beurteilen, zunächst einmal die Schuld des Angeklagten im Prozess feststellen müsse. Sie wirft der Verteidigung vor, den zweiten Schritt vor dem ersten zu nehmen. Die Ankläger sehen kein unbehebbares Verfahrenshindernis und fordern, das Verfahren fortzusetzen.
9.59 Uhr
Noch keine Entscheidung zum Antrag auf Einstellung vom Montag. Dafür bringt die Verteidigung gleich neue Anträge ein. Sie betreffen unter anderem den Ermittlungsbeamten, der heute um 10.30 Uhr aussagen soll. Die Verteidigung fordert, dass dieser nur Angaben zum Gang der Ermittlungen machen darf. Aussagen zum Versand von Briefwahlunterlagen und zu polizeilichen Befragungen von Erntehelfern widerspricht die Verteidigung. Sie wirft dem Ermittlern Verstöße gegen Post- und Wahlgeheimnis vor. Die Erntehelfer seien bei ihren Befragungen nicht über ihr Zeugnisverweigerungsrecht belehrt und genötigt worden.
8.56 Uhr
Auch am zweiten Verhandlungstag ist das Interesse am Prozess groß. Kurz vor Beginn füllen sich die Zuschauerplätze. Die Besucher diskutieren über den ersten Verhandlungstag.
8.03 Uhr
Heute soll im Prozess um die Geiselhöring Wahlfälschung der erste Zeuge aussagen. Die Verteidigerin des Angeklagten, Spargelbauer Karl B., wird außerdem weitere Anträge stellen. Zum Prozessauftakt im fünften Anlauf am Montag hatte sie die Einstellung des Verfahrens beantragt. Die Verhandlung beginnt um 9 Uhr.
Montag, 27. Januar
Der Prozessauftakt gestaltet sich zunächst wie der Weg zum Prozess selbst: zäh. Noch ehe die Anklage verlesen wird, wird zunächst der im Publikum sitzende frühere Bürgermeister Bernhard Krempl des Saals verwiesen. Der Grund: Er kommt im Laufe des Prozesses noch als Zeuge infrage. Anschließend diskutierten Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung mehr als eine Stunde über die Frage, ob die Öffentlichkeit bei der Verlesung bestimmter Teile der Anklageschrift ausgeschlossen werden soll. Das Gericht lehnt diesen Antrag der Verteidigung aber ab.
Später fordert Ricarda Lang, die Anwältin von B., die Einstellung des Verfahrens. Sie begründet ihren Antrag mit der Länge des Verfahrens und den daraus folgenden übermäßigen Belastungen für den Angeklagten. Zudem liege das Verschulden bei der Kommune, die es versäumt habe, die Wahlberechtigung der Saisonarbeiter zu überprüfen. Die Kommune habe erkennbar nichtwahlberechtigte Personen zur Wahl zugelassen. "Die Kommunalwahl war von Anfang an und ohne einen möglichen Tatbeitrag des Angeklagten ungültig", so Lang. Sie erhebt auch schwere Vorwürfe gegen die Stadt Geiselhöring und den Landkreis Straubing-Bogen. Ihr Mandant sei "ein Bauernopfer unfähiger Politiker, die ihr eigenes Versagen kaschieren wollen".
Das Gericht berät nun, ob und wie das Verfahren weitergeht. Am Donnerstag, 30. Januar, sollen die ersten Zeugen aussagen. Noch ist unklar, ob die Kammer dann schon über den Einstellungsantrag entschieden hat.
Worum es geht
Am 16. März 2014 wird in Geiselhöring, wie in vielen anderen Kommunen im Freistaat auch, ein neuer Bürgermeister gewählt. Bei der Auszählung liegt lange Zeit der damalige Amtsinhaber Bernhard Krempl (Freie Wähler) vorne - doch dann drehen die Stimmen der Briefwahl das Ergebnis. Am Ende gewinnt CSU-Kandidat Herbert Lichtinger knapp die Wahl. Das kommt vielen Geiselhöringern merkwürdig vor - auch Krempl und Lichtinger selbst. Sie schalten das Landratsamt ein, die Rechtsaufsicht überprüft den Fall. Schließlich erklärt die Regierung von Niederbayern die Wahl für ungültig. Es steht der Verdacht im Raum, dass die Wahl manipuliert worden sein könnte. Im August 2016 erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Landwirt Karl B. Ihm wird vorgeworfen, 427 seiner rumänischen Erntehelfer angewiesen zu haben, in seinem Sinne abzustimmen. Er bestreitet die Vorwürfe, doch das Landgericht lässt die Anklage zu. Als Prozessbeginn wird der 19. Januar 2018 festgelegt - doch die Verhandlung wird mehrmals verschoben. Zunächst bekommt die Verteidigung einige Beweismittelt zu spät zugesandt, dann ist der Angeklagte krank, ein Termin platzt wegen Richtermangel. Nun, fast sechs Jahre nach der Wahl und im fünften Anlauf, soll die mutmaßliche Wahlmanipulation aufgeklärt werden. 14 Termine sind vorerst angesetzt, ein Urteil soll bis voraussichtlich 3. April fallen.