Nach Messerstecherei in Wörth

Kritik an Betreuung der Asylbewerber wird laut


Bei einer Messerstecherei im Asylbewerberheim in Wörth an der Donau wurde am Samstag ein Iraker getötet. (Foto: Reinhard Soller)

Bei einer Messerstecherei im Asylbewerberheim in Wörth an der Donau wurde am Samstag ein Iraker getötet. (Foto: Reinhard Soller)

Von sol/jr

Am Montagnachmittag fand im Institut für Rechtsmedizin der Uni Erlangen-Nürnberg die Obduktion des 20-jährigen irakischen Asylbewerbers statt, der in der Samstagnacht seinen schweren Verletzungen erlag (idowa berichtete). Dabei wurde ein Verbluten aufgrund einer massiven Stichverletzung festgestellt. Am Montag wurde der des Mordes verdächtige Iraner, der in der Justizvollzugsanstalt Regensburg untergebracht ist, durch Beamte der Kriminalpolizei vernommen. Er machte jedoch keine Angaben zu den Motiven, die zur Tat führten. Anzeichen für Alkoholeinfluss zur Tatzeit liegen bei dem 29-jährigen Iraner nicht vor. Mittlerweile wurde Kritik an der fachlichen Betreuung der Asylbewerber in Wörth geäußert, wobei es zu berücksichtigen gilt, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen der Art der Betreuung und der Tat gibt.

Wie Polizeisprecher Michael Rebele am Montag mitteilte, war es zunächst zu einem Streit im Zimmer des Iraners gekommen. Daraufhin zog sich der 20-Jährige in sein Zimmer zurück, in dem noch ein anderer Asylbewerber wohnte. Der 29-jährige Iraner betrat diesen Raum und dort ereignete sich die mit mehreren Messerstichen ausgeführte Tat.

Ehrenamtliche Mitglieder des "Asylprojekts Deutschkurs Wörth" haben sich nun an die Öffentlichkeit gewandt und zu den Vorkommnissen in der Samstagnacht in der Asylbewerberunterkunft im Gasthof Rosenhof Stellung genommen. Koordinatorin Anne Heis teilt mit: "Wir sind schockiert und sehr betroffen. Da sich viele Wörther Bürger sowie unser Kreis aus freiwilligen Helfern des Deutschkurses in den letzten Monaten stark engagiert haben, ist die Tatsache einer tödlichen Messerstecherei im Rosenhof umso unfassbarer. Wir möchten unsere Trauer und tiefstes Mitgefühl den Angehörigen des Opfers gegenüber aussprechen. Dem Bürgermeister Rothfischer und dem Hotelbesitzer, Herrn Akkaya, sichern wir, so weit das Ehrenamt es ermöglicht, volle Unterstützung zu. Beide haben stets ihr Möglichstes getan, um die Asylbewerber zu integrieren. Bei unserem letzten Expertentreffen am 4. Februar baten wir einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Landratsamtes Regensburg, an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten, dass es an fachlicher Betreuung der Flüchtlinge im Rosenhof akut mangelt. Gäbe es die Initiative des ehrenamtlichen Deutschkurses durch Studenten und die einmal wöchentliche, ehrenamtliche Beratung einer professionellen Asylberaterin nicht, hätten die Flüchtlinge überhaupt keine Unterstützung. Die Wohlfahrtsverbände in der Stadt, wie die Caritas, sind völlig überlastet, sodass sie den Beratungsnotständen auf dem Land nicht nachgehen können. Gerade in diesen Tagen wäre es dringend notwendig, den Bewohnern des Wohnheims in Wörth fachmännische psychologische Unterstützung zu ermöglichen. Die Studenten berichten, dass sie mit den Problemen, die ihnen die Asylbewerber anvertrauen, überfordert seien. Dennoch ist der Vorfall, die Messerstecherei und Tötung eines jungen Mannes, unentschuldbar. Wir bedauern zutiefst, was vorgefallen ist und werden weiterhin unser Möglichstes tun, um die Mittellosigkeit der Flüchtlinge zu verbessern."

"Freistaat Bayern gefordert"

Hans Fichtl, Büroleiter des Landrats, gab hierzu folgende Stellungnahme ab: "Zur angesprochenen Frage der Asylsozialberatung ist festzustellen, dass hier in erster Linie der Freistaat Bayern gefordert ist. Der Bayerische Landkreistag hat sich in der Vergangenheit mehrfach dafür ausgesprochen, dass für die Asylsozialberatung mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Was der Landkreis selbst leisten kann, ist das ehrenamtliche und kommunale Engagement zu fördern. Wie dies konkret ausgestaltet werden kann, dazu wird Ende März eine Besprechung mit allen Bürgermeistern stattfinden."

"Nichts vorzuwerfen..."

Wiederholt gefragt war am Montag die Stadt Wörth. Mehrmals musste der stellvertretende Bürgermeister den Fragen von Medienvertretern Rede und Antwort stehen zu dieser Eskalation der Gewalt. Erklären konnte er ihnen die schreckliche Bluttat allerdings nicht, schon deshalb nicht, weil erst die Hintergründe des folgenschweren Verbrechens aufgeklärt werden müssten. Von einer Position weicht Josef Schütz nicht ab: "Die Stadt hat sich nichts vorzuwerfen. Wir haben wirklich alles getan, was in unseren Kräften liegt, um den Flüchtlingen zu helfen. Wir hätten nichts besser machen können." Er lässt sich auch den Eindruck nicht nehmen, dass die großen Spannungen im Zusammenleben bisher ausgeblieben sind. "Freilich kann man nicht in die Menschen schauen und ihre Gefühle ergründen", bemerkt er mit der Feststellung, dass es weder im Stadtrat noch in der Bevölkerung Proteste oder Widerstände gegen die Aufnahme der Asylbewerber gegeben habe. Schuldzuweisungen seien fehl am Platz: "Schuld ist individuell. Ein Delikt dieser Dimension ist immer ein Einzelfall."

Ein Fall im Jahr 1996


Die Stadt befand sich schon einmal im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen Asylbewerbern im Fokus. In der Nacht vom 21. auf den 22. Juli 1996 kam bei einer Messerstecherei in der damaligen Unterkunft im Reitfeld, die 1994 bezogen worden war, ein 20-jähriger Kosovo-Albaner bei einem Streit nach einem Zechgelage ums Leben. Ein 23-jähriger Mann wurde dabei lebensgefährlich verletzt. Der Täter handelte, wie die Polizei damals ermittelte, aus Notwehr.