Landkreis Regensburg

Wolbergs-Prozess startet: die Vorwürfe


Vor dem Landgericht Regensburg startet an diesem Montag der Prozess gegen Joachim Wolbergs, Oberbürgermeister der Stadt Regensburg sowie den Bauunternehmer Volker Tretzel, Geschäftsführer der BTT Bauteam Tretzel GmbH, SPD-Stadtrat Norbert Hartl und Franz W., einzelvertretungsberechtiger Geschäftsführer der BTT GmbH.

Vor dem Landgericht Regensburg startet an diesem Montag der Prozess gegen Joachim Wolbergs, Oberbürgermeister der Stadt Regensburg sowie den Bauunternehmer Volker Tretzel, Geschäftsführer der BTT Bauteam Tretzel GmbH, SPD-Stadtrat Norbert Hartl und Franz W., einzelvertretungsberechtiger Geschäftsführer der BTT GmbH.

Von Redaktion idowa

Am Montag, 24. September, beginnt vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Regensburg der Prozess gegen Joachim Wolbergs, suspendierter Oberbürgermeister der Stadt Regensburg sowie die weiteren Beschuldigten, den Bauunternehmer Volker Tretzel, Geschäftsführer der BTT Bauteam Tretzel GmbH, Stadtrat Norbert Hartl und Franz W., Geschäftsführer der BTT Bauteam Tretzel GmbH.

Mammut-Prozess - dieses Label verdient das Verfahren sicherlich: Insgesamt neun Anwälte verteidigen die vier Beschuldigten, rund 70 Prozesstage sind geplant und etwa 80 Zeugen geladen. Journalisten aus ganz Deutschland haben sich für den Fall akkreditiert.

Das Gericht muss sich mit einer Vielzahl von Einzelvorwürfen auseinandersetzen. Die Anklageschrift umfasst 24-Seiten und gliedert sich in verschiedene Themenbereiche. Demnach sollen die Beschuldigten Tretzel und W. von 2011 bis 2016 einen Betrag von insgesamt 475.470 Euro an den in dieser Zeit maximal 22 Mitglieder umfassenden SPD-Ortsverein Stadtsüden, dessen Vorsitzender Wolbergs ist, überwiesen haben. Dies ist laut Anklage in Stückelungen zu je 9.900 Euro geschehen.

Hintergrund dieser zahlreichen Einzelüberweisungen soll nach Ansicht der Staatsanwaltschaft gewesen sein, dass das Parteiengesetz vorschreibt, dass Spenden über 10.000 Euro innerhalb eines Kalenderjahres offen gelegt werden müssen. Die Spenden seien bewusst jeweils knapp unter dieser Summe gehalten worden. Durch die Stückelung sollte die Gesamtsumme verschleiert werden. Die Spenden seien unter anderem von Volker Tretzel selbst, dem Beschuldigten W., der Schwiegermutter Tretzels sowie von verschiedenen Mitarbeitern der BTT Bauteam Tretzel GmbH getätigt worden.

Einfluss auf Entscheidungen?

Der Staatsanwalt wirft den Beschuldigten vor, dass durch die Gesamtsumme Einfluss auf die Entscheidungen des suspendierten Oberbürgermeisters genommen worden sei.

Ferner wirft die Staatsanwaltschaft Wolbergs, Tretzel und W. vor, dass Gelder in Millionenhöhe zugunsten der SSV Jahn KGaA geflossen sein sollen. Tretzel, Hartl und W. haben als Aufsichtsräte, letzterer sogar als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, fungiert. Die BTT Bauteam Tretzel GmbH hat laut Anklageschrift fast 90 Prozent der Geschäftsanteile der SSV Jahn KGaA besessen.

Die Anklage wirft Tretzel vor, dass dieser keinerlei Interesse an der positiven Entwicklung der SSV Jahn KGaA gehabt hätte, vielmehr die Position seiner Firma als größter Anteilseigener genutzt habe, um eigene Interessen in Bezug auf seine Geschäftstätigkeiten als Bauunternehmer durchzusetzen.

Ein weiterer Hauptanklagepunkt sind Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der Bauaufträge für Wohnobjekte auf dem Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne in Regensburg. Hier soll es um Gewinnerwartungen in Höhe von über elf Millionen Euro gegangen sein. Involviert sollen gemäß Anklageschrift alle vier Beschuldigten gewesen sein.

Desweiteren wird dem Beschuldigten Wolbergs vorgeworfen, dass er als Vorsitzender des Kreditausschusses der Sparkasse Regensburg dafür Sorge getragen haben soll, dass der Beschuldigte Tretzel zum Mitglied des Verwaltungsrats der Bank bestellt worden sei. Er soll einen Kontokorrentkredit über 4,5 Millionen Euro bei der Bank ohne Sicherheitsleistungen erhalten haben.

Laut Anklage soll Wolbergs zudem persönliche Vorteile in Anspruch genommen haben. Der suspendierte Oberbürgermeister und ihm nahestehende Personen sollen Rabatte bei Immobilienkäufen und Renovierungen durch die BTT Bauteam Tretzel GmbH erhalten haben.

Die Anklage beruft sich unter anderem auf Telefongespräche, in denen ebenfalls eine Absprache bei der geplanten Bebauung eines Grundstücks am Roten-Brach-Weg geschehen sein sollen. Hier sollen Gelder in Höhe von 200.000 Euro geflossen sein.

Urteil nicht vor Mai 2019

Nach Ansicht des Gerichts ist Joachim Wolbergs hinreichend verdächtig der Vorteilsannahme in 24 tatmehrheitlichen Fällen sowie verdächtig wegen des Verstoßes gegen das Parteiengesetz.

Bei Tretzel stehen 24 tatmehrheitliche Fälle der Vorteilsgewährung im Raum, dazu Fälle von Mittäterschaft in Tatmehrheit mit Beihilfe zum Verstoß gegen das Partiengesetz.

Das Gericht sieht einen hinreichenden Verdacht, dass Stadtrat Norbert Hartl Beihilfe zur Vorteilsannahme geleistet hat.

Dem Angeschuldigten Franz W. wird in der Hauptverhandlung Vorteilsgewährung in Mittäterschaft in 21 tatmehrheitlichen Fällen, teils in Tatmehrheit mit Beihilfe zum Verstoß gegen das Parteiengesetz vorgeworfen.

Mit diesen Vorgaben vertritt das Gericht eine andere Ansicht als die Staatsanwaltschaft. In deren Anklageschrift wird der Vorwurf der Bestechlichkeit und Bestechung, sowie der Beihilfe zur Bestechlichkeit bei den Angeklagten laut. Sollten die Vorwürfe der Bestechung oder Bestechlichkeit wieder Teil der Hauptverhandlung werden, wird das Gericht dies verkünden.

Der Prozess beginnt um 9 Uhr. Ein Urteil wird nicht vor Mai 2019 erwartet.