Berufsportrait Hebamme
Die 24-jährige Melanie Maiber arbeitet als Geburtshelferin und liebt ihren Beruf
10. November 2014, 10:13 Uhr aktualisiert am 10. November 2014, 10:13 Uhr
Es ist einer der schönsten und ältesten Berufe der Welt: Hebamme oder auch Geburtshelferin. Melanie Maiber aus Haibach bei Straubing ist Hebamme aus Leidenschaft. Freistunde durfte sie bei einem Hausbesuch begleiten.
"Ich wollte nie etwas anderes tun und mache meinen Job mit Herz und Seele", erzählt die 24-Jährige voller Überzeugung. Melanie kommt ursprünglich aus der Nähe von Köln und hat ihre Ausbildung an der Hebammenschule in Bonn absolviert. Nach Abschluss dieser ist die sympathische Dunkelhaarige vor fünf Jahren mit ihren Eltern und ihrer sechsjährigen Tochter nach Haibach gezogen. Seit zwei Jahren arbeitet sie hier als freiberufliche Hebamme und leistet auch Geburtshilfe am Klinikum St. Elisabeth in Straubing.
Ausbildungsplätze sind begrenzt
"Für die Ausbildung habe ich mich deutschlandweit an allen 54 Hebammenschulen beworben. Das würde ich auch allen raten, die sich für diesen Beruf interessieren. Bei mir war es reiner Zufall, dass ich in Bonn in der Nähe meines damaligen Heimatortes genommen worden bin", sagt Melanie. In Bayern gibt es übrigens sieben Hebammenschulen und die Ausbildungsplätze sind begrenzt. Bei der 24-Jährigen war es 2009 beispielsweise so, dass sich 1.300 junge Frauen auf 15 freie Plätze beworben haben.
Mittlerweile seien die Bewerberzahlen zwar zurückgegangen, aber einfach sei es immer noch nicht, eine Ausbildungsstelle zu bekommen. Aber was muss man eigentlich mitbringen, um Hebamme werden zu können? "In Bayern ist der Realschulabschluss oder der Hauptschulabschluss samt abgeschlossener Berufsausbildung Bewerbungsvoraussetzung. Außerdem wird meistens ein Praktikum in einer Einrichtung für Gynäkologie oder Geburtshilfe empfohlen", erklärt Melanie.
Sie selbst hat schon mit 15 ein erstes Praktikum im Kreissaal eines Krankenhauses absolviert und nach dem Realschulabschluss noch das Fachabitur gemacht. Die Ausbildung selbst dauert dann drei Jahre und erfolgt sowohl an der jeweiligen Hebammenfachschule als auch auf den Entbindungs- und Neugeborenenstationen in Krankenhäusern. Außerdem arbeitet man im OP und auf der Kinderintensiv- und Wöchnerinnenstation. "Am Ende muss man unter anderem 40 Geburten selber geleitet haben und 100 Schwangere sowie 40 Risikoschwangere - also Frauen, die beispielsweise Zwillinge erwarten oder über 35 Jahre alt sind - betreut haben", erklärt Melanie.
In Deutschland ist es übrigens gesetzlich geregelt, dass bei jeder Geburt eine Hebamme dabei sein muss. "Ich darf ohne Arzt eine Geburt leiten, etwa eine Hausgeburt", erzählt die 24-Jährige. Umgekehrt sei dies aber nicht möglich.
Während der Ausbildung lernen die Berufsneulinge beispielsweise, wie eine Schwangerschaft verläuft und welche Kindslagen und Geburtsphasen es gibt, wie man den Geburtsverlauf überwacht, welche Lebens- und Reifezeichen ein Neugeborenes von sich gibt, wie man in Notfällen reagiert, wie man Rückbildungs- und Heilungsvorgänge überwacht und vieles mehr. Denn Hebammen machen weit mehr, als nur Babys auf die Welt zu helfen. "Wir helfen den Paaren auch dabei, eine Familie zu werden. Denn das Leben mit einem Baby bringt viele Fragen mit sich und da ist es unglaublich wichtig, eine Hebamme zu haben, die immer erreichbar ist und die einen versteht", sagt Melanie. Eine genaue Wochenstundenarbeitszahl habe sie deshalb nicht. Da könne schon mal mitten in der Nacht das Telefon läuten, weil eine Mama eine eine wichtige Frage Frage hat. Gut zuhören können, Flexibilität, Geduld und Hilfsbereitschaft sind sind deshalb für Melanie wichtige Charaktereigenschaften für Geburtshelferinnen.
Während der Schwangerschaft können die Frauen bei einer Hebamme übrigens die gleichen Vorsorgeuntersuchungen machen lassen wie bei einem Frauenarzt. "Nur Ultraschalluntersuchungen sind nicht möglich", erzählt Melanie weiter aus ihrem Berufsalltag. Das Schöne an ihrem Job ist für sie, dass kein Tag gleich ist. Wenn nur Hausbesuche anstehen, kann sie sich diese selbst einteilen. "Und wenn ich beispielsweise Dienst im Krankenhaus habe, weiß ich vorher überhaupt nicht, was passieren wird. Denn jede Geburt ist anders und einzigartig", erzählt sie.
Durch ihren Beruf seien außerdem schon viele gute Freundschaften entstanden. "Schließlich teilt man mit den Frauen den oft schönsten Moment in ihrem Leben - wenn ihr Baby das Licht der Welt erblickt", erzählt Melanie lächelnd. Trotz all der vielen positiven Erlebnisse ist für die 24-Jährige aber auch wichtig, klarzumachen, dass ihr Beruf nicht nur Sonnenseiten hat. "In einer Minute kann alles super sein, in der nächsten Minute eine Katastrophe", erklärt sie. Auch Trauerberatung und Trauerbegleitung gehören zu ihren Aufgaben. Ist bei der Geburt jedoch alles normal verlaufen, sehen die neuen Mütter ihre Hebamme anschließend ganz oft, denn die Nachsorge dauert acht Wochen. "Wie viele Hausbesuche ich mache, ist von der jeweiligen Situation abhängig. Wenn es das erste Kind ist, tauchen natürlich viel mehr Fragen auf als beim zweiten oder dritten Kind", erklärt sie. Maximal sind in diesen acht Wochen 26 Besuche möglich. Wenn der Arzt aber mehr verordnet, kommt die Hebamme auch öfter.
Viele Hausbesuche
Die Hausbesuche liegen Melanie Maiber sehr am Herzen. Das wird deutlich beim Besuch von Mama Nicole Herzog und ihrer zu dem Zeitpunkt sechs Wochen alten Tochter Sofie in Sankt Englmar. Die Stimmung ist entspannt und locker, denn der Kleinen geht es gut und auch die Mama ist mit ihrem dritten Kind ganz gelassen. Melanie wiegt Sofie zunächst und kontrolliert, ob sie seit dem letzten Besuch gut zugenommen hat. Dann fragt sie, wie es mit dem Stillen klappt und wie es den zwei großen Brüdern mit ihrer Schwester geht. Auch die Gemütslage der Mama ist für Melanie wichtig. Hier ist sie sehr zufrieden. "Bei Nicole und Sofie funktioniert alles wunderbar, nächste Woche bin ich schon zum letzten Mal hier", erzählt sie. Und wie sieht ihr Arbeitstag heute weiter aus? "Ich muss noch einen Hausbesuch machen und dann wartet daheim Büroarbeit wie Rechnungen schreiben und dergleichen auf mich", erzählt sie. Abends gibt sie dann noch zwei Rückbildungskurse in Straubing. Langweilig wird Melanie bei dem Pensum sicher nicht.
Berufssteckbrief
Berufsbezeichnung: Hebamme/Entbindungspfleger
Ausbildungsdauer: drei Jahre; wer eine Ausbildung als Krankenpfleger/-schwester oder Kinderkrankenpfleger/Kinderkrankenschwester bzw. Gesundheits- und Krankenpfleger/in oder Gesundheits- und Kinder-krankenpfleger/in abgeschlossen hat, kann die Ausbildungszeit um bis zu zwölf Monate verkürzen.
Ausbildungsform: Bundesweit einheitlich geregelte schulische Ausbildung an Berufsfachschulen für Hebammen und Entbindungspfleger sowie praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder hebammen-geleiteten Einrichtungen
Arbeitsorte: in geburtshilflichen Einrichtungen von Krankenhäusern, in Hebammenpraxen oder Geburtshäusern sowie als Familienhebamme vorwiegend bei sozialen Diensten oder Gesundheisämtern.
Wichtige Fähigkeiten: Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Neugeborenen, psychische Belastbarkeit, Einfühlungsvermögen
Verdienst: Die Auszubildenden erhalten ein Ausbildungsentgelt. Werden sie an Einrichtungen des öffentlichen Dienstes oder an Einrichtungen von Trägern, die sich an die tariflichen Vereinbarungen des öffentlichen Dienstes anlehnen, ausgebildet, erhalten sie folgende Entgelte:
1. Jahr: 956 Euro
2. Jahr: 1018 Euro
3. Jahr: 1118 Euro
(Quelle: Bundesagentur für Arbeit)
Hebamme - Traumberuf ohne Zukunft?
Der Beruf der Hebamme ist momentan in vieler Munde, denn ein ganzer Berufsstand steht vor dem Aus. Melanie Maiber erklärt Freistunde, warum.
Jeder Frau, die in Deutschland ein Kind bekommt, steht die Hilfe einer Hebamme während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett zu. Doch viele Hebammen können sich diese Geburtshilfe nicht mehr leisten. Die meisten Hebammen arbeiten nämlich freiberuflich und brauchen dafür eine Haftpflichtversicherung. Ohne diese dürfen Hebammen ihren Beruf nicht ausüben, denn die Versicherung springt ein, wenn eine Hebamme bei der Geburt einen Fehler macht und Mütter oder Kind zu Schaden kommen.
Die Beiträge für die Haftpflichtversicherung sind in den vergangenen Jahren rasant angestiegen und liegen momentan bei etwa 5.000 Euro pro Jahr. Ein Betrag, den viele freiberufliche Geburtshelferinnen nicht aufbringen können und deshalb überlegen, die Geburtshilfe aufzugeben und nur noch Hausbesuche zu machen oder Kurse anzubieten.