Auslandsblog
Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Isabell Hofmann lebt zehn Monate in den USA
15. Juni 2020, 13:17 Uhr aktualisiert am 15. Juni 2020, 13:17 Uhr
Die 16-jährige Isabell Hofmann aus Straubing träumt schon länger von einem Auslandsjahr. Allerdings war das finanziell bisher nicht möglich, denn ihre Mutter ist alleinerziehend. Über das PPP-Stipendium des Deutschen Bundestags hat es mittlerweile geklappt: Seit August 2019 lebt Isabell bei einer Gastfamilie in Ellicott City im Bundesstaat Maryland und damit direkt an der Ostküste und nur etwa eine Stunde von der Hauptstadt Washington.
Was Isabell in ihrer Zeit in den USA erlebt, erfährst du regelmäßig in ihrem Auslandsblog.
Eintrag 9: Online-Highschool (2. Juni 2020)
Mittlerweile ist es schon drei Monate her, dass ich mein Auslandsjahr in den Vereinigten Staaten wegen der Corona-Pandemie abrupt abbrechen und zurück in mein Heimatland reisen musste. Anfangs wusste ich nicht so recht, was ich nun mit meiner neu gewonnen Zeit anfangen könnte.
Erst mal vier Wochen Ferien
In Maryland, dem amerikanischen Staat, in dem ich ür acht Monate gelebt habe, schloss die Schule am selben Tag wie hier in Bayern. Allerdings ging es dort nicht gleich mit dem Distance Learning weiter. Stattdessen gab es für die Schülerinnen und Schüler erst einmal vier Wochen Ferien, welche meine amerikanischen Freunde "Coronacation” (zusammengesetzt aus den Wörtern Coronavirus und Vacation) nannten. Auch für die Lehrer gab es drei Wochen "Coronacation" und danach wurden sie über Videokonferenzen spezifisch darauf geschult, wie sie online unterrichten können. Außerdem wurde in dieser Zeit sichergestellt, dass jeder Schüler eine Internetverbindung und ein geeignetes elektronisches Gerät besitzt oder von der Schule zur Verfügung gestellt bekommt, um damit zu lernen.
Schon zuvor wurde an der Schule eine Website namens "Canvas", die es auch als App gibt, benutzt. Diese hat viele nützliche Eigenschaften: Im Grunde genommen hat jeder Lehrer für jedes Fach ein Fenster, in dem sehr strukturiert Aufgaben gegeben, zurückgeschickt und benotet, Tests geschrieben und Materialien veröffentlicht werden können.
Da es keinen Unterschied macht, ob ich die Anweisungen von den Lehrern in meinem amerikanischen Zuhause oder in meinem deutschen Zuhause befolge, habe ich mich dazu entschieden, mein Schuljahr in den USA online fertigzumachen.
Online-Klasse über Hangouts
Seit zwei Monaten schicken die Lehrer mir und den anderen Schülern also jeden Montag die Hausaufgaben für neue Woche, die allesamt am Freitag fällig sind. Zusätzlich wird für jedes Fach ein Mal in der Woche eine 45-minütige Online-Klasse über Google Hangouts veranstaltet, während der von uns Fragen gestellt werden können. Im Großen und Ganzen macht es für mich wirklich Sinn, den Stoff meiner Fächer an der Highschool abzuschließen und ich finde es großartig, dass mir die Chance dazu gegeben wird und dass der technische Fortschritt dies auch zulässt.
Eintrag 8: Unerwartet herausgerissen - das Corona-Virus und mein Auslandsjahr (20. März 2020)
Überall auf der Welt ist es gegenwärtig das Thema Nummer eins: das Coronavirus. Dass es Einfluss auf mein Auslandsjahr haben wu"rde, hatte ich nicht erwartet. Und jetzt bin ich wieder zu Hause in Straubing, fast vier Monate früher als geplant.
Das Ende meines Auslandsjahres kündigte sich vor etwa Mitte März an. Alle Stipendiaten des Parlamentarischen Patenschafts-Programm (PPP) des Deutschen Bundestags erhielten eine erste E-Mail mit Neuigkeiten u"ber das Virus und Covid-19. Darin hieß es, die Priorität des U.S. Departments of State und des deutschen Bundestages sei die Gesundheit und das Wohlergehen der Austauschschüler und wir würden zeitnah über Änderungen informiert werden, die unseren Aufenthalt betreffen. Daraufhin gab es zwar in unseren Gruppenchats Diskussionen darüber, was passieren könnte, doch zu viele Gedanken machten wir uns nicht und der Alltag ging erst mal normal für uns weiter.
Einige Tage darauf wurde unsere größte Besorgnis allerdings zur Realität: Die ersten Stipendiaten empfingen die Nachricht, dass die beiden Regierungen sich dazu entschieden haben, alle Teilnehmer des Programms nach Hause zu schicken. Dabei werden keine Ausnahmen gemacht. Das einzig Positive: Wir erhalten trotzdem die Anerkennung für das Austauschjahr. Die Tage darauf liefen dann sehr chaotisch ab. Grund war die mangelhafte Kommunikation zwischen den Organisationen, den Regierungen mit uns betroffenen Austauschschülern und unseren Gastfamilien. Rückflüge waren zum Teil schon am nächsten Tag geplant und die Informationen zum Flug erhielten wir sehr kurzfristig, weshalb wir unmittelbar packen mussten. Bis zu meinem Flug blieben mir noch drei Tage.
Ohne Vorwarnung wurde ich aus meinem langersehnten Traum von einem Jahr im Ausland herausgerissen. Meine letzten Tage in den USA und die frühzeitigen und unerwarteten Abschiede waren herzzerreißend. Dennoch ist mir bewusst, dass diese Entscheidung notwendig war, auch wenn viele Stipendiaten sie unfair fanden.
Mittlerweile wurden auch Austauschschüler des Programms aus anderen Ländern in ihr Heimatland zurückgeschickt. Viele entschieden sich auch selbst dazu, ihren Austausch abzubrechen, weil keiner weiß, wie langedie Einreiseverbote andauern.
Dass mein Auslandsjahr nicht so verlaufen ist, wie ich es mir vorgestellt habe, ist für mich sehr hart. Ich hatte noch viele Pläne und war noch nicht bereit zu gehen, aber es ging einfach nicht anders. Eine Situation wie diese erfordert solche harten Maßnahmen. Wir sind alle von dieser Pandemie betroffen und wir sollten deswegen auch alle versuchen, die Ansteckungen so gering wie möglich zu halten. Und auch wenn ich jetzt nach sieben Monaten gerne meine Freunde in der Heimat wiedersehen möchte, ist mir bewusst, dass ich zuhause bleiben muss und sie nicht treffen kann. Wir müssen Covid-19 ernstnehmen, deshalb ist mein Appell: Wascht euch regelmäßig und gründlich die Hände und haltet euch an die Ausgangsbeschränkungen. Geht nur aus dem Haus, wenn es dringend notwendig ist.
Eintrag 7: Das amerikanische Schulsystem - Teil 1 (13. März 2020)
Wie auch in Deutschland unterscheidet sich das Schulsystem in Amerika von Staat zu Staat. Beispielsweise gibt es Schulen, an denen man die Möglichkeit hat, seine Fächer jedes Quartal oder Semester neu zu wählen. Dahingegen bleiben meine Schulfächer in der Centennial High School, die sich in Howard County in Maryland befindet, das Jahr über gleich. Auch die Uhrzeiten, zu denen der Unterricht beginnt und endet, sind verschieden. Allgemein wird immer gesagt, dass das Schulsystem in den Vereinigten Staaten einfacher sei als in Deutschland. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass man das Schulwesen der beiden Länder nicht vergleichen kann. Deswegen ist es auch schwer zu beurteilen, welches besser ist. Die größten Unterschiede werde ich deshalb in den nächsten Blogeinträgen erklären.
Zum Einen werden die Schüler nicht nach der Grundschule basierend auf ihrem Notendurchschnitt in verschiedene Schulen aufgeteilt und Schulpflicht ist ebenfalls nicht nur bis zur 9. Klasse, wie es in Deutschland der Fall ist. Stattdessen gibt es eine Elementary School (die Grundschule), eine Middle School (5. bis 8. Klasse) und eine Highschool (9. bis 12. Klasse). Dabei ist jeder verpflichtet, alle drei Schulstufen zu belegen, um einen Abschluss zu erlangen. Aus diesem Grund vergleichen die meisten Deutschen die amerikanischen Schulen mit den Gymnasien, die größtenteils auch bis zur zwölften Klasse gehen.
Anstelle des Abiturs gibt es hier aber kostenpflichtige Tests, sogenannte SATs (Scholastic Assessment Tests), welche das Niveau des Schreibens, des Lesen und das der mathematischen Fähigkeiten der Schüler messen. Die Prüfungen finden außerschulisch und während der 11. Jahrgangsstufe statt. Mit dem Resultat bewirbt man sich anschließend auf das College.
Außerdem ist erwähnenswert, dass der Distrikt, in welchem man lebt, dafür verantwortlich ist, auf welche Schule man geht und dass es Schulbusse gibt, welche die Schüler zu einer gegebenen Zeit abholen und zur Schule bringen. Persönlich glaube ich jedoch folgendes: Das Vorurteil, die Schule sei in den USA einfacher als in Deutschland, liegt an der Wahl der Fächer. Darauf möchte ich in meinem nächsten Blogeintrag genauer eingehen.
Eintrag 6: Heimweh? (23. Januar 2020)
Um ehrlich zu sein: Ich hätte nicht erwartet, dass ich in meinem Auslandsjahr in den USA Heimweh bekomme. Denn ich habe davor schon Reisen ins Ausland ohne meine Familie unternommen. Mal ein Austausch mit der Schule, mal Fahrten mit dem Kreisjugendring Straubing, bei denen ich mehr oder weniger alleine war und dazu gezwungen war, meine Komfortzone zu verlassen und neue Bekanntschaften zu machen - für mich war Heimweh nie ein Thema.
Zusätzlich war dieses Jahr in den USA schon lange mein Traum und ich war davon überzeugt, dass ich es ohne Probleme meistern würde. Doch schon bald habe ich gemerkt, dass meine Familie und meine Freunde immer ein unsichtbares Schutznetz für mich waren, das nun nicht mehr da ist.
Auch wenn man sich als Austauschschüler, vor allem in meinem Alter, bewusst ist, dass Heimweh ein großer Teil einer solchen Erfahrung ist, ist es nicht immer leicht. Es gibt Situationen, da sehnt man sich danach, wieder zu Hause sein zu können - auch wenn man davor nicht damit rechnet. Für viele passiert das um die Weihnachtszeit, die man sonst immer mit seiner Familie verbracht hätte oder, wie es bei den meisten deutschen Austauschschülern der Fall ist, während der man regelmäßig mit Freunden auf den Christkindlmarkt gegangen wäre. Auch der Winter spielt eine Rolle, weil man an den kurzen Tagen bei meist schlechtem Wetter weniger Motivation hat als sonst. Daher zieht sich diese Zeit besonders lange.
Egal, ob das Heimweh dadurch ausgelöst wurde oder spontan gekommen ist, wenn man sich zum Beispiel an die Kochkünste der Mama erinnert - es ist schwierig, damit richtig umzugehen. Allerdings gibt es Menschen, denen man sich anvertrauen kann, denn schließlich ist die Zeit in der Ferne begrenzt und man will sie am besten nutzen.
Mir hat meine Gastfamilie in solchen Momenten Kraft gegeben und es hilft, wenn man mit Leuten redet, die einen verstehen, zum Beispiel mit anderen Austauschschülern. Hier habe ich gemerkt, dass ich nicht die einzige bin, die sich in dieser Situation befindet. Und letztlich vergeht das Heimweh dann auch wieder. Daraufhin kann man sich glücklich schätzen, denn man ist von einem neuen Schutznetz umgeben, das hoffentlich für ein Leben lang bleibt.
Eintrag 5: Feiertage fernab (4. Januar 2020)
Abgesehen von den Reisen, die ich unternehme, einer zweiten Familie, neuen Freunden und den Erfahrung in einer amerikanischen Schule, habe ich mich als Austauschschülerin besonders auf die Feiertage gefreut. Und das geht vielen Austauschschülern so. Für viele Jugendliche, einschließlich mir, die sich für ein Jahr in einer anderen Kultur entscheiden, ist das nämlich das erste Jahr, in dem man Weihnachten nicht mit seiner eigenen Familie verbringt. Und es ist richtig interessant, neue Feiertage zu entdecken und mitzuerleben.
Dazu gehört in den vereinigten Staaten Thanksgiving - das amerikanische Erntedankfest, das jährlich am vierten Donnerstag im November gefeiert wird. Vor Thanksgiving muss viel geplant werden, da dieser Tag meistens mit der gesamten Familie verbracht wird und dies wurde mir erst so richtig beim Lebensmitteleinkauf bewusst. Denn der Einkaufswagen wird ganz schön voll, wenn 20 Leute, wie es bei meiner Gastfamilie der Fall war, aus ganz Amerika anreisen. Doch es geht an diesem Tag nicht nur um ein gemeinsames Abendessen, das aus Truthahn und leckeren Beilagen wie "Stuffing”, Kartoffelbrei und Pie als Nachspeise besteht. Es geht darum, dankbar zu sein. Denn der Grund, warum Thanksgiving gefeiert wird, ist, dass die Kolonisten, die von England nach Amerika gekommen sind, mit Hilfe der Ureinwohner den Winter überlebt haben. Dass die Amerikaner dankbar für das tägliche Essen auf dem Tisch, Freunde, Familie und vieles mehr sind, sagen sie an diesem Tag ganz offen und unter Jugendlichen werden Fotocollagen mit Bildern von Familie und Freunden und mit der Aufschrift "thankfull” auf sozialen Medien gepostet. Zusätzlich treffen sich manche im kleineren Kreis für ein "Friendsgiving”. Doch in jeder Familie gibt es auch kleine Traditionen, zum Beispiel ein 10-Kilometer-Lauf oder ein Spaziergang am Morgen, um hungrig zu werden und dafür zu sorgen, dass man sich nach dem großen Abendessen nicht allzu viel Sorgen um sein Gewicht macht.
Halloween und Weihnachten sind dagegen nicht ganz so verschieden zu uns Deutschen. Allerdings wird in den Staaten viel mehr dekoriert. An Halloween sieht man riesige aufgeblasene Kürbisse oder Grabsteine in den Gärten in den Suburbs und um die Weihnachtszeit stehen menschengroße Nussknacker vor den Haustüren der blinkenden Häusern. Anders als in Deutschland wird hier der Nikolaustag nicht gefeiert. Außerdem öffnen die Amerikaner, die Weihnachten zelebrieren, die Geschenke nicht an Heiligabend, sondern am ersten Weihnachtsfeiertag.
Da manche Teile Amerikas diverser sind als Deutschland, habe ich auch viel über das jüdische Fest "Hanukkah” und das afroamerikanische Fest "Kwanzaa” gelernt, das ungefähr zur selben Zeit wie Weihnachten stattfindet. Auch wenn es nicht immer leicht ist, während dieser Zeit nicht bei seiner eigenen Familie zu sein, erfährt man durch die Feiertage viel über verschiedene Kulturen und Traditionen und man wächst mit seiner Gastfamilie und seinen neuen Freunden, vor allem den anderen Austauschschülern aus allen Teilen der Welt, noch ein Stückchen näher zusammen.
Eintrag 4: Vorbereitungen und Verpflichtungen (27. Dezember 2019)
Was passiert nachdem man von einem Bundestagsabgeordneten als Stipendiat oder Stipendiatin nominiert wird? Der Bewerbungsprozess und das Auswahlverfahren erfordern eine Menge Geduld und Leistung. Allerdings ist das erst der Anfang. Denn auf die Nominierung folgen weitere Bewerbungen, medizinische Tests (zum Beispiel ein Tuberkulosetest), das Einfordern von Einschätzungen der Englischkenntnis zwei weiterer Lehrer, das Einreichen von Bilder, sowie Informationen über die Familie und Hobbys, das Beantragen des Visums und das Vereinbaren eines Visumtermins. Und zu guter Letzt natürlich die Planung einer Abschiedsparty.
Dann findet ein einwöchiges Vorbereitungsseminar in Berlin statt, bei dem man sich wie der Name schon verrät, auf das Auslandsjahr vorbereitet, Fragen stellen darf, aber auch sehr viel über die Geschichte und Kultur beider Länder lernt. Doch das Schönste an meinem Seminar war die Vielzahl an tollen Menschen aus allen Ecken Deutschlands, die ich kennenlernen durfte und bei denen man sich irgendwie verstanden gefühlt hat, weil alle dasselbe durchlaufen und erleben werden. Auch merkt man, dass man trotz der unfassbar großen Freude auch ähnliche Sorgen teilt.
Als Stipendiat/in geht man zudem eine Verpflichtung ein. Man befindet sich in einer Juniorbotschafterrolle, das heißt, man sollte den Amis unsere Kultur ein bisschen näherbringen und umgekehrt, wieder in Deutschland angelangt, seinen Mitmenschen die Erfahrungen dort schildern. Ein weiterer Aspekt, der dazu gehört, ist, über Politik diskutieren und auch hier seinen Horizont zu erweitern. Selbstverständlich muss man ein vorbildlicher Schüler beziehungsweise eine vorbildliche Schülerin sein und gute Noten schreiben, man sollte sich engagieren, aber man ist auch strengen Regeln unterlegen, wie dass man keine motorisierten Fahrzeuge fahren darf (aus Versicherungsgründen, dazu zählen übrigens auch motorisierte Rasenmäher), man darf nicht rauchen, keinen Alkohol trinken oder alleine reisen.
Mit diesem Wissen im Kopf und nach allen Vorbereitungen kann man sich in das erste große Abenteuer wagen...
Eintrag 3: Wie man an ein Stipendium vom Bundestag kommt (27. Dezember 2019)
Wie kommt man eigentlich an ein Stipendium vom Deutschen Bundestag? Das fragen sich sicher viele, die wie ich auch von einem Jahr in der Ferne träumen und schon mal von dem PPP/CBYX-Stipendium gehört haben. Deshalb möchte ich hier meine Erfahrungen mit dem Bewerbungsprozess und dem Auswahlverfahren mit euch teilen.
1) Bewerbung schreiben
Alles zur Bewerbung steht auf der Internetseite des Deutschen Bundestags. Bereits hier muss man sich Mühe geben und Zeit investieren, weil man schon bei der Bewerbung aussortiert werden kann. Man muss unter anderem ein Motivationsschreiben verfassen und eine Lehrerrezension abgeben. Auch die Noten müssen stimmen. Die sollten relativ gut sein. Mit einem zusätzlichen Engagement zum Beispiel in einem Verein kann man außerdem Pluspunkte sammeln.
2) Auswahlseminar
Wenn die Bewerbung angemessen ist, wird man mit den Bewerbern aus naheliegenden Wahlkreisen an einem Ort versammelt. Hier wird getestet, ob man geeignet ist für das Stipendium, da man verpflichtend damit auch eine Botschafterrolle eingeht. Das Auswahlseminar fand bei mir einen Tag lang in Regensburg statt. Wir mussten dort einen Englischtest und einen Deutschlandtest (Grundkenntnisse über deutsche Politik und Geschichte) durchlaufen. Es hört sich erst einmal schlimmer an, als es ist, denn meiner Meinung nach war der Englischtest geschenkt und der Deutschlandtest gut machbar, wenn man ein wenig Grundwissen mitbringt. Doch das war nicht das einzige Hindernis. Alle Teilnehmer wurden nach dem zugehörigen Wahlkreis in Gruppen aufgeteilt, in denen dann diskutiert wurde, aber jeder einzelne auch mehrere Vorträge halten musste. Zum Beispiel haben wir einen Zettel bekommen mit zehn Aufgaben und Problemen eines Landes. Diese mussten wir nach Priorität nummerieren und unsere Entscheidung begründen und anschließend vor der Gruppe präsentieren. Am Ende des doch sehr stressigen und langwierigen Tages wurde jeder einzelne nochmal zu einem Einzelgespräch gebeten. Von unserer Gruppe war ich die Erste, weswegen ich sehr aufgeregt war, da ich nicht wusste was mich erwartet. Die Aufregung war aber unberechtigt. Das Gespräch lief ganz locker ab, mir wurden verschiedene Fragen gestellt, auch meine Bewerbung betreffend und dann musste ich auf Englisch reden. Besonders hier hatte ich keine Probleme, weil ich in der Woche vor dem Auswahlseminar auf Irlandaustausch war. Zudem war das Thema, worüber man reden sollte, auch der letzte Trip ins Ausland und darüber hatte ich genug zu erzählen. Nach dem Auswahlseminar wartet man dann wieder auf einen Brief...
3) Auswahlverfahren durch einen Bundestagsabgeordneten
Wenn man es in die nächste Runde geschafft hat, steht ein Gespräch mit dem Wahlkreisabgeordneten bevor - in meinem Fall mit MdB Alois Rainer. Er entscheidet dann persönlich, wer von den letzten drei Finalisten das Bundestagsstipendium erhält. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass einige schon vor diesem Gespräch erfahren haben, wie die endgültige Entscheidung lautete. Sie wurden bereits ohne dieses Gespräch zu Stipendiaten. Die Zusammenkunft mit dem Abgeordneten hat sich nicht sehr lange gezogen und war auch relativ unspektakulär. Er ist unsere Akten durchgegangen und wollte von uns noch einige Informationen wissen, zum Beispiel wie wir auf dieses Stipendium gekommen sind. Dann hat er noch unsere Eltern nach deren Meinung gefragt. Einerseits war es zur Abwechslung mal erleichternd, dass das Gespräch nur sehr kurz war, andererseits hing von diesem Gespräch alles ab und ich konnte wirklich nicht einschätzen, wer von uns Dreien das Stipendium erhalten würde.
4) Warten
Jetzt heißt es: Warten! Bei mir hat es circa eine Woche gedauert, bis ich meinen Brief in den Händen hielt. Und ich habe das Stipendium bekommen. Mit der Zusage wird man auch an eine Organisation weiter vermittelt, die den Schüleraustausch begleitet. Bei mir war das AFK Interkulturelle Begegnungen.
Eintrag 2: Auf in die Marching Band (11. September 2019)
Dreieinhalb Wochen bevor die Schule in Ellicott City angefangen hat, also Anfang August, habe ich den ersten Schritt in das Land der Freiheiten gesetzt. Zuvor habe ich mich gefragt, was ich in der verbleibenden Zeit bis zum ersten Schultag unternehmen werde. Ich kannte ja noch niemanden und meine Gasteltern mussten arbeiten. Doch diese Frage hat sich schnell gelöst. Die ehemalige Austauschschülerin meiner Gastfamilie war mit ihrer Familie zu Besuch. Mit ihnen habe ich Baltimore, Washington, D. C., Mount Vernonen und viele andere Orte in den USA besucht. Wir teilen viele Interessen, weshalb wir uns schnell angefreundet haben.
Diese Erlebnisse zu Beginn meines Auslandjahres waren sehr prägend für mich, doch erst danach hat der wichtige Teil für mich begonnen: die High School. Ich habe mich durch Videoauditions für die Marching Band an meiner Schule qualifiziert. Eine Marching Band ist in spezielles Blasorchester, deren Mitglieder zur Musik marschiert.
Zwei Wochen vor Schulbeginn hat das sogenannte Marching-Band-Camp angefangen. Dort wurden alle Teilnehmer geprüft. Wir mussten zeigen, ob wir die erforderlichen Stücke auswendig gelernt haben. Das Thema der Liedauswahl ist Journey. Deshalb spielen wir die drei Showsongs "Don't Stop Believin'"; "Open Arms" und "Any Way You Want It". Fehlen dürfen außerdem auf keinen Fall die amerikanische Nationalhymne, der Theme-Song der National Football League und ein Football-Fight-Song. Nach der Prüfung haben wir auf dem Schulparkplatz gelernt, wie man marschiert und gleichzeitig spielt.
Zugegeben: Das war nicht gerade leicht, aber es hat mir eine Menge gebracht. Ich habe in der Band zum Beispiel wunderbare Freunde gefunden. Dadurch hatte ich es gleich am ersten Schultag sehr leicht. Wegen den freundlichen und offenen Menschen, die ich kennengelernt habe, und wegen meiner wunderbaren und kulturoffenen Gastfamilie, fühlte ich mich schon von Anfang an zugehörig. Es ist fast so, als wäre dieser Platz schon immer für mich bestimmt gewesen. Außerdem konnte ich in der kurzen Zeit meine Fähigkeiten im Trompetespielen verbessern, sodass der Leiter der Marching Band mich in die Band mit einem höheren Niveau eingeladen hat.
Nun ist mein großes Ziel für dieses Jahr, mich durch Herausforderungen bei "Symphonic Winds" - so heißt die Band, zu der ich gewechselt bin - und durch die kommenden Football-Spiele, bei denen wir auftreten werden, noch mehr zu verbessern.
Ich bin gespannt, welche weiteren Möglichkeiten mir dieses erste große Abenteuer bietet und welche Erfahrungen noch auf mich zukommen. Schließlich ist das erst der Anfang.
Eintrag 1: Wie es dazu kam... (30. August 2019)
Mein Name ist Isabell Hofmann, ich bin 16 Jahre alt und ich werde meine nächsten zehn Monate in Ellicott City, Maryland bei einer Gastfamilie verbringen. Da ich diese Erfahrungen teilen möchte, werde ich regelmäßig kleine Blogartikel verfassen.
Warum habe ich mich dazu entschieden ein Auslandsjahr zu machen? In der 9. Klasse hat es angefangen: Ich wollte unbedingt für ein Jahr ins Ausland. Eine neue Kultur kennenlernen, ein anderes Schulsystem erleben, vielleicht auch eine neue Sprache lernen oder schon vorhandene Sprachkenntnisse vertiefen - das war mein Wunsch. Ich wollte meinen Horizont durch das Austreten aus meiner Komfortzone erweitern, neuen Menschen mit verschiedenen Sichtweisen begegnen und reisen.
Da ein Jahr im Ausland sehr teuer ist, habe ich angefangen im Internet nach Stipendien zu suchen - ein ganzes Jahr in Neuseeland oder Amerika, ein halbes Jahr in Australien, da gibt es richtig viel. Einige Angebote habe ich aus bestimmten Gründen abgelehnt, bei einigen bin ich früher oder später ausgeschieden.
Letztendlich habe ich durch eine Freundin von mir von dem PPP/CBYX-Stipendium des Deutschen Bundestages erfahren. Katharina Reyzis ist damit im Jahr 2018/2019 für ein Jahr nach Florida geflogen und hat euch ebenfalls in einem Blog davon berichtet. Als sie mir erzählt hatte, dass sie dieses Stipendium erhalten hatte, hat mich das inspiriert. Ich hatte zwar davor schon von diesem Vollstipendium gehört, aber mich nicht genug darüber informiert. Doch nachdem sie es geschafft hat, habe ich angefangen, auch dafür Bewerbungen zu schreiben und so hat alles angefangen.
Ich möchte daher alle ermutigen, die auch von einem Jahr in der Ferne träumen. Denkt daran: Es kann manchmal mehrere Anläufe brauchen, bis man ans Ziel kommt. Man darf nur nicht die Geduld verlieren und man muss sich anstrengen. Am Ende wird es das aber wert sein.