Freischeiben

Kurzgeschichte: Seraphina und die verzauberten Katzen

In der Kurzgeschichte "Seraphina und die verzauberten Schattenkatzen" von Marcel Kober aus Landshut muss die Heldin nichts Geringeres tun, als die Welt retten.


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Eine junge Schattenkatze.

Von Marcel Kober

In der Dunkelheit einer schlafenden Stadt stand ein alter, verlassener Buchladen, der von den meisten Menschen übersehen wurde. Doch dieser unscheinbare Laden war viel mehr als das, was er zu sein schien. Er war das Heim von Seraphina, der jungen Hexe, und ihren zwei schwarzen Katzen: Nacht und Nebel.

Seraphina war nicht immer eine Hexe gewesen. Einst war sie ein ganz normales Mädchen mit einer Liebe für alte Bücher und versteckte Geheimnisse. Aber das änderte sich an dem Tag, als sie Nacht und Nebel fand, versteckt in einer Ecke des Buchladens, in dem sie arbeitete. Sie waren nicht wie andere Katzen. Sie hatten eine Aura um sie herum, die Seraphina anzog und neugierig machte.

Mit der Zeit wurde ihr klar, dass sie eine tiefe Verbindung zu diesen Katzen hatte, eine Verbindung, die weit über das hinausging, was sie jemals für möglich gehalten hatte. Sie fühlte ihre Emotionen, konnte ihre Gedanken lesen und verstand schließlich, dass sie die Wächterin dieser verzauberten Kreaturen war.

In dieser Nacht, als Seraphina das alte Buch der Prophezeiungen durchblätterte, spürte sie eine Kälte durch ihren Körper fahren. Sie fand Worte, die sie nie zuvor gesehen hatte, Worte, die auf eine Dunkelheit hinwiesen, die kommen würde. Und sie wusste, dass nur sie, zusammen mit Nacht und Nebel, die Welt retten konnten.

Die Morgendämmerung brach herein, als Seraphina aus einem unruhigen Schlaf erwachte. Der Traum von der kommenden Dunkelheit ließ sie schaudern, aber sie wusste, dass es kein einfacher Albtraum war. Die Prophezeiung hatte es klargestellt: Das Schicksal der Welt lag in ihren Händen.

Neben ihr lagen Nacht und Nebel, ihre schlanken Körper aneinander gekuschelt. Sie waren mehr als nur Katzen für Seraphina. Sie waren ihre Familie, ihre Freunde und jetzt ihre größte Verantwortung.

Mit einem leisen Seufzer stand sie auf und machte sich fertig für den Tag. Sie wusste, dass ihre Reise in den Ruinen am Stadtrand beginnen würde, einem Ort, den sie oft besucht hatte, um zu lesen und sich in den Geschichten der alten Welt zu verlieren.

Als sie durch die verlassenen Straßen ging, waren Nacht und Nebel immer an ihrer Seite. Die schwarzen Körper der beiden verschmolzen mit den Schatten und ihre leuchtenden Augen waren die einzigen Anzeichen ihrer Anwesenheit.
Als sie die Ruinen erreichte, zögerte sie. Sie hatte diesen Ort so oft besucht, aber jetzt, mit der Prophezeiung in ihrem Kopf und der Verantwortung auf ihren Schultern, schien er anders – furchteinflößender.

Mit einem tiefen Atemzug trat sie ein. Sie wusste, dass in einer der verborgenen Kammern der Ruinen der alte Runenstein versteckt war, der ihr den Weg weisen würde. Sie suchte nach ihm, geführt von einer unsichtbaren Kraft, bis sie ihn schließlich fand.

Der Stein war alt und abgenutzt, aber als sie ihn berührte, fühlte sie eine Welle von Energie durch ihren Körper fließen. Bilder und Erinnerungen, die nicht ihre eigenen waren, fluteten ihren Geist. Sie sah Nacht und Nebel, nicht als Katzen, sondern als mächtige Wesen, eingefangen in einer Form, die ihre Macht verbarg.
In diesem Moment wusste Seraphina, was sie zu tun hatte. Sie musste die Macht ihrer Katzen freisetzen, um die Dunkelheit zu besiegen. Sie wusste auch, dass dies nur der Anfang ihrer Reise war, einer Reise voller Prüfungen und Herausforderungen. Aber sie war bereit. Sie musste es sein. Für Nacht, für Nebel und für die Welt, die sie zu retten geschworen hatte.

Nach ihrer Begegnung mit dem Runenstein fühlte Seraphina eine Veränderung in sich. Die Macht, die sie in sich spürte, war überwältigend und doch seltsam tröstend. Sie fühlte sich noch stärker verbunden mit Nacht und Nebel, als ob sie jetzt ihre Gedanken und Gefühle besser verstehen konnte. Es war eine Verbindung, die sie dringend brauchte, denn ihre Reise führte sie nun weg von der vertrauten Stadt und in die unbekannten Länder jenseits.
Mit Nacht und Nebel an ihrer Seite, überquerte Seraphina Berge, durchschwamm Flüsse und durchstreifte dichte Wälder. Sie begegnete Wesen, die sie nur aus Geschichten kannte, und sah Orte, von denen sie nie zu träumen gewagt hatte.

Aber ihre Reise war nicht nur voller Wunder, sie war auch voller Gefahren. Mehr als einmal mussten sie sich gegen wilde Kreaturen und dunkle Hexer verteidigen. Doch mit jedem Kampf, jedem Hindernis, wuchs Seraphina weiter in ihre Rolle als Wächterin hinein.

Ihre größte Prüfung kam jedoch nicht von außen, sondern von innen. Sie hatte die ganze Zeit gewusst, dass sie Nacht und Nebel entzaubern musste, um ihre wahre Macht freizusetzen. Aber jetzt, da sie so viel gemeinsam durchgestanden hatten, wurde ihr klar, wie sehr sie die beiden liebte. Sie waren ihre Familie, und die Vorstellung, sie zu verändern, sie vielleicht zu verlieren, brachte ihr Herz zum Schmerzen.

Seraphina stand an der Schwelle des Unbekannten. Sie hatte alles hinter sich gelassen, was ihr vertraut war, war Wesen begegnet und hatte Orte gesehen, die jenseits ihrer Vorstellungskraft lagen. Sie war von einem einfachen Bücherwurm zu einer mutigen Wächterin geworden, bereit, alles für diejenigen zu riskieren, die sie liebte.

Sie betrachtete Nacht und Nebel, ihre leuchtenden Augen schimmerten im gedämpften Licht. Es war Zeit. Sie zog tief Luft, streckte ihre Hände aus und flüsterte die Worte des alten Zaubers, den sie in den Prophezeiungen gefunden hatte. Es war ein mächtiger Zauber, einer, der dazu bestimmt war, das wahre Wesen eines jeden freizusetzen.

Es war, als ob die Welt den Atem anhielt. Nacht und Nebel verschwanden in einer Wolke aus dunklem Rauch, nur um sich wieder zu manifestieren, dieses Mal nicht als Katzen, sondern als mächtige, schattenhafte Wesen. Sie strahlten eine unglaubliche Macht aus, aber ihre Augen, ihre Augen waren immer noch die gleichen, immer noch liebevoll und loyal zu Seraphina.

Dann kam die Dunkelheit, kräftig und bedrohlich, und Seraphina wusste, dass es Zeit für den finalen Kampf war. Aber sie war nicht allein. Mit Nacht und Nebel an ihrer Seite, stellte sie sich der Dunkelheit, stellte sich ihrer eigenen Angst und ihrem Schmerz.

Der Kampf war hart, Seraphina, Nacht und Nebel kämpften jedoch tapfer. Sie kämpften gegen die Dunkelheit, gegen ihre eigenen inneren Dämonen, und schließlich, nachdem sie alles gegeben hatten, triumphierten sie. Die Dunkelheit zog sich zurück, besiegt durch das Licht, das sie zusammen ausstrahlten.

Erschöpft, aber erleichtert sah Seraphina zu, wie die Dunkelheit verschwand. Sie hatte es geschafft. Sie hatten es geschafft. Sie hatten die Welt gerettet und hatten dabei entdeckt, wer sie wirklich waren. Sie waren nicht nur eine Hexe und ihre verzauberten Katzen. Sie waren eine Familie, stark und liebevoll, und bereit, wirklich alles für einander zu riskieren.

In diesem Moment wusste Seraphina, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht und ihren treuen Gefährten an ihrer Seite war Seraphina bereit, den Weg nach Hause anzutreten. Bereit für das, was als Nächstes kommen würde.