Differenzierter Blick auf das Thema
Mit dem IS konfrontiert: Autor Christian Linker im Interview
18. Dezember 2015, 12:11 Uhr aktualisiert am 18. Dezember 2015, 12:11 Uhr
Hinter "Dschihad Calling" steckt Christian Linker. Der 40-jährige Autor wohnt in Leverkusen und hatte die Idee zu dem Roman. Was er mit "Dschihad Calling" erreichen will, erzählt er im Interview.
Hallo Herr Linker! Wie sind Sie bei der Recherche zu "Dschihad Calling" vorgegangen?
Christian Linker: Der IS macht eine sehr aggressive Propaganda mit Videos im Netz. Da war es nicht so schwer, mit Leuten in Kontakt zu treten. Ich habe mit einem tatsächlich über Facebook gechattet. Sein Profil war ständig weg, weil er blockiert oder gelöscht wurde. Dann tauchte er aber wieder auf. Das war aufregend.
Und diese Person war involviert in den IS?
Ja genau, das hat sie zumindest behauptet. Da kann man nicht sichergehen, ob das ein Fake war oder nicht. Es gibt aber Leute im Untergrund, die aus Rakka, der Hauptstadt des IS, bloggen. Da hat man aus erster Hand Erfahrungsberichte, die ziemlich erschütternd sind.
Waren diese Personen auch bereit etwas zu erzählen, wenn da jemand kommt und neugierig nachfragt?
Ja, tatsächlich. Das war sehr offensiv. Aber das ist auch Teil der Strategie, dass sie damit rumposen. Ich habe überlegt, ob ich mich verstelle und sage: "Ich interessiere mich für eure Sache, erzählt doch mal was." Aber das war nicht nötig. Ich habe schon gesagt, es geht um einen Roman und ich finde das nicht gut, was ihr macht. Aber das hat sie nicht gestört. Die wollten ihre Propaganda loswerden.
Was wollen Sie mit "Dschihad Calling" erreichen?
Der Versuch ist, eine Geschichte zu erzählen, die einen differenzierten Blick erlaubt. Was jetzt gerade in den Medien passiert, ist ja sehr wenig differenziert. Mir geht es darum, herauszufinden, was die Leute umtreibt und wie es dazu kommt. Das soll die Aktionen natürlich in keiner Weise rechtfertigen. Das wird auch klar, glaube ich, dass ich das sehr ablehne, was der IS treibt.
Sie wollen also erklären, warum sich junge Menschen der Versuchung des IS hingeben?
Ich glaube, letzten Endes ist es nicht erklärbar. Aber ich finde, von all dem geht eine unheimliche, gruselige Faszination aus. Es kann Menschen geben, die - aus welchen Gründen auch immer - dieser Faszination erliegen. Mir ging es darum, zu konfrontieren und zu fragen, wie würde ich selbst damit umgehen.