Zeitreise

Teufel oder Drache? Eine Reise zur Herrscherfamilie Dracul


Andrea Limmer.

Andrea Limmer.

Der Dezember war für die Herscherfamilie Dracul ein ungemütlicher Monat. Der berühmteste Sproß aus der Familie ist Vlad III. Draculea. Bram Stokers Roman "Dracula" stellt das erste gedruckte Denkmal von Vlad III. dar, in Form des mächtigen Vampirs Graf Dracula.

Doch sehen wir zuerst zu seinem Vater Vlad II. Dracul. Dieser wurde als Woiwode der Walachei von bojarischen Adeligen abgesetzt und ins Exil gezwungen. Bei der Geburt von Vlad III. trat Vlad II. in den Drachenorden ein. Im Alter von fünf Jahren tat es ihm sein Sohn nach, weshalb eine Theorie lautet, dass Dracul "Drache" bedeutet, eine andere besagt, es heiße "Sohn des Teufels".

Zurück auf dem Thron sah sich Vlad II. dem Druck der Osmanen ausgesetzt, unterwarf sich diesen und übergab ihnen seine Söhne als Faustpfand. Im Dezember 1447 töteten die Bojaren Vlad II. Sein Sohn bestieg den Thron nur kurz, da der ungarische Reichsverweser Johann Hunyadi in der Walachei einmarschierte. Er begnadigte Vlad und holte ihn aus dem Exil. Denn Hunyadi war beeindruckt von Vlads Hass auf die Türken. 1456 erklomm Vlad nach einem erfolgreichen Feldzug in der Walachei erneut den Thron. Hunyadi setzte dem nichts entgegen, sondern starb an der Pest. Nachdem Vlad III. den Thron eingenommen hatte, ging's auf beim walachischen Schichtl. Er bekam ob seiner Taten noch einen Beinamen: Tepes, was übersetzt "Pfähler" heißt. Dies scheint seine bevorzugte Bestrafungs-, Folter- und Tötungsmethode gewesen zu sein. Wobei es zwei Arten des Pfählens gibt, eine schlimmer als die andere.

Vlad III. rächte sich indes sogleich an den Bojaren. Er reduzierte ihren politischen Einfluss, dann machte er wohl Bojaren bei einem Festmahl betrunken, so dass sie Auskunft über korrupte Aktivitäten gaben. Manche belasteten angeblich sogar sich selbst. Alle korrupten Bojaren habe Vlad III. laut diesem Bericht pfählen lassen. Und die erste große Gräueltat nach seiner Machtergreifung habe er gemäß diesen Berichten an eben jenen Bojaren verübt, die an dem Attentat gegen seinen Vater und am Sturz vieler walachischer Prinzen beteiligt gewesen sein sollen. Nach einem gemeinsamen Osterfest plus Befragung habe er die älteren Adeligen umbringen lassen, die jüngeren seien zur Burg Poienari verschleppt worden, wo sie die Festung aufbauen mussten.

Freilich, solche Geschichten schinden bei den Feinden Eindruck. Deshalb kann man nicht alles glauben, was über Vlad III. geschrieben steht. Manches war politische Propaganda. Zudem unterscheiden sich zum Beispiel Geschichten aus dem Westen von denen aus Russland.

Am schlimmsten sind Geschichten von Pfählungen. Der serbische Soldat Mihailovic beschrieb einen "Wald" aus gepfählten türkischen Soldaten. Allerdings hat er diesen nicht selbst gesehen, sondern darüber nur etwas von anderen Soldaten gehört. Fest steht jedoch, dass Vlad mit seinem Volk nicht zimperlich umging. Frauen, die gegen die Sittsamkeit verstießen, wurden verstümmelt, gehäutet und gepfählt.

1476, nach Jahren des Krieges und Wirrungen, bestieg Vlad zum letzten Mal den Thron, wurde im Dezember gestürzt und musste mit seinen Truppen fliehen. Kurz darauf starb er - entweder im Kampf oder auf der Flucht. Bis heute spricht die Welt von Vlad III., ja manch einer schwärmt gar. Man ist sich uneins, war er Drache oder Teufel oder doch Vampir, dieser Vlad III. - jedenfalls ist er eins: spannender Erzählstoff.