Landshut

Protestaktion gegen Asylpolitik - Landrat Dreier: "Ich würde es wieder tun"


Dass ein niederbayerischer Landrat bundesweit für Schlagzeilen sorgt und sogar das russische Fernsehen über ihn berichtet, wird Peter Dreier wohl so schnell keiner seiner Kollegen nachmachen. Ihm sei es allerdings nicht so sehr auf möglichst viel Publicity angekommen, versichert Dreier.

Dass ein niederbayerischer Landrat bundesweit für Schlagzeilen sorgt und sogar das russische Fernsehen über ihn berichtet, wird Peter Dreier wohl so schnell keiner seiner Kollegen nachmachen. Ihm sei es allerdings nicht so sehr auf möglichst viel Publicity angekommen, versichert Dreier.

"Ich würde es wieder tun." Gut ein halbes Jahr nach seiner umstrittenen Busfahrt zum Kanzleramt in Berlin muss Landrat Peter Dreier (FW) keine Sekunde nachdenken, ob er erneut eine derart spektakuläre Aktion starten würde, um ein deutliches Zeichen gegen die Asylpolitik der Bundesregierung zu setzen.

"Ich habe nichts zu bereuen, ich habe nichts Unrechtes getan", betont Dreier. Im Gegenteil: "Die Probleme bestehen nach wie vor", sagt er, "daran hat sich nichts geändert". Ändern würde allerdings er etwas, sollte es tatsächlich zu einer Neuauflage der Berlin-Fahrt, in welcher Form auch immer, kommen: "Ich würde eine noch größere Allianz schmieden und noch mehr Mitfahrer mitnehmen."

Dass ein niederbayerischer Landrat bundesweit für Schlagzeilen sorgt und sogar das russische Fernsehen über ihn berichtet, wird Peter Dreier wohl so schnell keiner seiner Kollegen nachmachen. Ihm sei es allerdings nicht so sehr auf möglichst viel Publicity angekommen, versichert Dreier, der in der Bevölkerung viel Zustimmung erfahren hatte, allerdings auch harsche Kritik vor allem aus der Bundespolitik einstecken musste. Er habe vielmehr mit der lange zuvor angekündigten Busfahrt zum Kanzleramt ein Zeichen setzen wollen, "dass es so wie bisher in der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen kann und darf". Und vor diesem Hintergrund habe seine Aktion absolut ihre Berechtigung gehabt - und hätte sie auch heute noch, bekräftigt der Landrat.

Verschnaufpause ist nicht der Bundespolitik zu verdanken

Denn die eigentlichen Probleme, auf die er mit seinem Flüchtlingsbus aufmerksam machen wollte, bestünden nach wie vor: dass die Kapazitäten der Kommunen zur Aufnahme von Asylbewerbern begrenzt seien, dass einer unkontrollierten Zuwanderung ein Riegel vorgeschoben werden müsse, dass es nicht genügend Wohnungen für Flüchtlinge gebe. Gegenwärtig könne man zwar den Eindruck gewinnen, dass sich das Thema beruhigt, wenn nicht sogar erledigt hätte und alles in Butter sei.

Doch der Schein trüge, Dreier spricht vielmehr von einer "Verschnaufpause". Und selbst die hätten die Kommunen weniger der Bundespolitik zu verdanken, sondern vielmehr dem Ausland: weil die Balkanroute dichtgemacht worden sei, weil Österreich gehandelt habe und weil bislang der "wackelige Türkei-Deal" funktioniere.

Kein Amtsmissbrauch

Obwohl ihm seine Aktion, die er bekanntlich telefonisch gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt hatte, sowohl aus den Reihen der Großen Koalition als auch von der Opposition im Bundestag angekreidet wurde, liegt es Peter Dreier mittlerweile schwarz auf weiß vor, dass "Anhaltspunkte für die Verletzung von Dienstpflichten seitens des Landrats nicht erkennbar" seien. Dies geht aus der Antwort des bayerischen Innenministeriums auf eine schriftliche Anfrage der grünen Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger und Jürgen Mistol hervor, die in der von Dreier organisierten Busfahrt von 31 Asylbewerbern nach Berlin einen "möglichen Amtsmissbrauch" gewittert hatten. Diese Ansicht wird von der Staatsregierung in keiner Weise geteilt: Mit einem klaren "Nein" beantwortete vielmehr das Innenministerium im Einvernehmen mit dem Sozialministerium die Fragen, ob der Landrat mit seiner Aktion rechtliche Vorgaben verletzt, in unzulässiger Weise dienstliche und private Belange miteinander vermischt habe oder durch den Vorgang sogar dienst- oder strafrechtliche Tatbestände tangiert worden wären.

Dass die privat finanzierte Aktion als Dienstfahrt des Landrats angesehen werden könne, ist nach Auffassung der Ministerien ebenfalls "rechtlich vertretbar". Schließlich seien dienstliche Belange berührt gewesen, weil durch die Fahrt darauf hingewiesen werden sollte, "dass aufgrund der fehlenden gemeindlichen Unterbringungsmöglichkeiten für die anerkannten Asylbewerber und der anhaltenden Zugänge von noch nicht anerkannten Flüchtlingen die Belastungsgrenze des Landratsamtes bei der Unterbringung der Asylbewerber erreicht sei und eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht mehr gewährleistet werden könne".

Keine Steuergelder für die Aktion verwendet



Außerdem seien für die Aktion keine Steuergelder verwendet worden. Der Landrat habe sowohl die Sachkosten für seinen Dienstwagen in Höhe von 389,90 Euro aus eigenen Mitteln finanziert, als auch die anteiligen Personalkosten für die mitreisenden Mitarbeiter des Landratsamtes in Höhe von weiteren 1.735,80 Euro übernommen. Darüber hinaus sei auch der Reisebus "vom Landrat selbst gebucht und aus privaten Mitteln beglichen" worden. Ebenso habe Dreier "die Kosten der Unterbringung der anerkannten Flüchtlinge in einer Pension in Berlin privat getragen".

Obwohl derzeit wesentlich weniger Asylbewerber als noch vor einem Jahr ankommen und dem Landkreis keine neuen Flüchtlinge mehr zugewiesen werden, gibt es für den Landrat nicht den geringsten Anlass, die Hände in den Schoß zu legen und die Angelegenheit zu den Akten zu legen. Was ihn derzeit vor allem umtreibt, ist die Ankündigung der bayerischen Staatsregierung, die dezentralen Unterkünfte im Freistaat abbauen und stattdessen mehr Plätze in staatlichen Gemeinschaftsunterkünften zur Verfügung stellen zu wollen.

Dreier warnt eindringlich vor den Folgen eines Ausstiegs aus der dezentralen Unterbringung, denn trotz gegenteiliger Beteuerungen sieht er keineswegs die Gefahr gebannt, dass anerkannte Flüchtlinge nicht doch noch als Obdachlose bei den Gemeinden vor der Tür stehen, weil bestehende Mietverträge für dezentrale Unterkünfte nicht verlängert und keine neuen Mietverträge mehr abgeschlossen werden dürfen - unabhängig davon, dass seiner Meinung nach die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften ohnehin nur auf den ersten Blick günstiger sei.

"Lasst euch was einfallen"

Aus diesem Grund ist Dreier unlängst bei Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) vorstellig geworden, um deutlich zu machen, dass dadurch die Integration der Flüchtlinge erschwert und das ehrenamtliche Engagement der vielen Helferkreise untergraben werde. Dreier plädiert stattdessen dafür, die dezentralen Asylbewerberunterkünfte gewissermaßen in Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge umzuwandeln. Dies wäre aus seiner Sicht die vernünftigste Lösung sowohl für Kommunen, Vermieter und Flüchtlinge, für die sich dadurch nahezu nichts ändern würde, als auch für den Staat, der keine neuen Unterkünfte bereitstellen müsste. Die Botschaft des Landrats an den Minister lautete: "Lasst euch was einfallen."

Dreiers Ansage kann man als wohlmeinenden Ratschlag auffassen - oder aber als unmissverständlichen Appell: In diesem Fall dürften die Folgen bekannt sein . . .