Mordvorwurf

Seniorin getötet? Krankenschwester bestreitet Vorwürfe vor Gericht in Regensburg

Heimtückischer Mord aus Habgier? Eine Krankenschwester soll Patientinnen bewusstlos gemacht haben, um sie zu bestehlen. Eine Frau starb. Vor Gericht weist die Angeklagte die Vorwürfe von sich.


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Der Angeklagte (l.) sitzt im Verhandlungssaal des Landgerichts neben ihrer Verteidigerin Anna Schwarz. Die Krankenschwester soll Patienten mit Medikamenten ruhiggestellt haben, um sie zu bestehlen. 

Von Dominic Mauersberger und mit Material der dpa

Auf einer Station eines Regensburger Krankenhauses werden innerhalb kurzer Zeit mehrere Patienten bewusstlos und stellen hinterher fest, dass Schmuckstücke fehlen. Eine 65 Jahre alte Frau stirbt. Eine Krankenschwester gerät in Verdacht, den Patienten Medikamente verabreicht zu haben, um sie zu bestehlen. Nun wird der 37-Jährigen der Prozess gemacht. Der Vorwurf: heimtückischer Mord aus Habgier.

Zudem legt die Staatsanwaltschaft der Krankenschwester fünffachen Mordversuch, Körperverletzung und besonders schweren Raub zur Last. Zu Prozessbeginn am Mittwoch ließ die Angeklagte, eine philippinische Staatsangehörige, über ihre Verteidigerin die Vorwürfe bestreiten.

Laut Überzeugung der Staatsanwaltschaft machte die Schwester Patienten im Alter zwischen 59 und 87 Jahren mit Medikamenten bewusstlos, um ihnen Schmuck zu stehlen. Mehrere Opfer sowie Kollegen der Angeklagten und Ärzte des Krankenhauses sind in dem zunächst auf fünf Tage terminierten Verfahren als Zeugen geladen. Im Falle einer Verurteilung droht der Angeklagten neben einer eventuellen Haftverbüßung auch ein mögliches unbefristetes Berufsverbot.

Patientin wird während Telefonat bewusstlos

Eine 77 Jahre alte Frau berichtete, wie ihr während ihres Klinikaufenthaltes eine Krankenschwester den Zugang zum Infusionsschlauch spülte. "Ich war dann gleich weg", sagte die Seniorin. Sie habe eigentlich mit einem ehemaligen Arbeitskollegen am Handy telefoniert und sei erst am nächsten Morgen wieder zu sich gekommen und habe sich gewundert, so "gut geschlafen" zu haben. Erinnern, was sich während des Vorfalls ereignete, konnte sich die Frau nicht mehr. Etwas später sei ihr aufgefallen, dass Fingerringe fehlten. Beide seien der 77-Jährigen von ihrem Lebensgefährten geschenkt worden, welcher voriges Jahr verstarb.

Mitten im Telefonat wurde die ehemalige Standesbeamtin bewusstlos, weshalb ihr Bekannter über die Klinikpforte der Station das Krankenhaus benachrichtigte. Auch die beiden Zimmernachbarinnen der Frau hätten umgehend das Krankenhauspersonal verständigt.

Wer ihr das Mittel verabreichte, daran konnte sich die Seniorin nicht mehr erinnern. Sie habe die Person durch das Telefonat auch kaum wahrgenommen. Einzig die schwarzen Haare und ein Pferdeschwanz blieben ihr in Erinnerung. Ein durchgeführtes Toxikscreening bei der Seniorin führte zu keinen Ergebnissen.

Der Arzt, der die Patientin am nächsten Tag betreute, sagte, es sei ihm komisch vorgekommen, weil es schon der zweite Fall ungeklärter Bewusstlosigkeit gewesen sei. Er habe dies dann dem Chefarzt gemeldet. Auch zwei Ärztinnen, die die 77-Jährige in der Nacht beziehungsweise am nächsten Morgen behandelten, sagten, sie hätten sich die Bewusstlosigkeit nicht erklären können. In Verdacht geriet die Angeklagte schließlich, weil sich ihre Dienstzeiten mit den Zeiten der Vorfälle überschnitten.

Krankenschwester galt als zuverlässig und engagiert

Eine 59 Jahre alte Zeugin sagte, die Angeklagte habe bei ihr abends einen Zugang gelegt und diesen gespült. Kurz darauf sei sie bewusstlos geworden. Als sie einige Stunden später wieder zu sich gekommen sei, seien Ehering und Ohrringe verschwunden gewesen. Die Zeugin sagte, sie habe nach dem Vorfall mit der plötzlichen Bewusstlosigkeit selbst den Verdacht gehabt, dass ihr jemand ein Medikament gegeben haben könnte, um sie zu bestehlen.

Kollegen beschrieben die Angeklagte als herzlich, freundlich und zuverlässig. Sie habe sich gut in das Team integriert und schnell sehr gut deutsch gelernt, sagte eine der Schwestern. Bei dem verabreichten Medikament handelte es sich um Midazolam, welches neben der sedativen Wirkung auch zu Gedächtnisstörungen, Benommenheit und verminderter Atmung führen kann.

Der Prozess soll am Freitag fortgesetzt werden.