Moskau
Seehofer in Moskau - Russland und Bayern stehen Seite an Seite
3. Februar 2016, 15:13 Uhr aktualisiert am 3. Februar 2016, 15:13 Uhr
Als einen "besonderen Gast" hat der russische Präsident am Mittwoch Horst Seehofer empfangen. In seiner Residenz in Nowo-Ogarjowo in der Nähe von Moskau hieß er den bayerischen Ministerpräsidenten willkommen.
"Zu Bayern unterhalten wir ein besonderes Verhältnis", sagte Putin. Denn die Handel- und Wirtschaftsbeziehungen sind sehr groß: 20 Prozent des deutsch-russischen Handels entfielen auf Bayern und aus dem Freistaat stammten 50 Prozent aller Investitionen aus Deutschland, erklärte Putin, dem Seehofer in einem recht schmucklosen und eher zweckmäßig eingerichteten Raum gegenüber saß, wie es im Anschluss an das Gespräch hieß. Während Putin Seehofer mit einem freundlichen Handschlag begrüßte, umarmte er den früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU). Dieser unterhält gute Beziehungen zu Putin und hat die Reise auch eingefädelt.
Es geht darum, "Vertrauen wieder aufzubauen", sagte Seehofer im Anschluss an sein Gespräch vor Journalisten. Das habe auch Putin immer wieder betont. Beide Seiten eine die Sorge des gegenwärtigen rückläufigen gegenseitigen Handels und sie hätten großes Interesse daran, dies wieder zu ändern. Daher habe er mit dem russischen Staatschef vereinbart, in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Bildung und Wissenschaft die Zusammenarbeit zu institutionalisieren. Die Wirtschaftsminister beider Seiten sollten dies nun organisieren.
Lange hätten die Politiker über Syrien gesprochen. Denn der dortige Bürgerkrieg sei eine der wesentlichen Ursachen der Flüchtlingskrise. "Wir haben beide ein großes Interesse daran, die Fluchtursachen zu überwinden - das geht nur mit Russland." Noch im Flugzeug erinnerte Seehofer daran, dass das Atomabkommen mit dem Iran ohne Russland wohl kaum zustande gekommen wäre. Und auch der Bürgerkrieg in Syrien sei ohne Russland kaum zu beenden. So hoffte Seehofer vor seinem Treffen mit dem starken Mann aus dem Kreml auf "konstruktive Gespräche", und "dass wir ein Stück Zuversicht und Motivation mit nach Hause nehmen".
Auch im Ukrainekonflikt und den damit verbundenen Sanktionen sieht Seehofer Fortschritte. "Das Minsker Abkommen legt allen Seiten Aufgaben auf. Alle müssen nun ihre Hausaufgaben machen, auch Russland." Ziel müsse es sein, "in überschaubarer Zeit die Sanktionen abzubauen und überflüssig zu machen", betonte Seehofer. Das sei auch Haltung der Bundesregierung, betonte der CSU-Chef. Die bayerische Wirtschaft, insbesondere die Landwirtschaft, bekomme die Wirkungen der Sanktionen zu spüren. Russland ist ein wichtiger Wirtschaftspartner Bayerns mit einem Handelsvolumen von rund zehn Milliarden Euro im Jahr 2014.
Putin habe immer wieder seine Wertschätzung für Bayern betont und gesagt "Kommen Sie wieder", berichtete der Ministerpräsident. Daher will Seehofer nun den Weg zum Aufbau von Vertrauen konsequent weitergehen und im Herbst mit einer großen Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation wieder nach Moskau reisen. Auch "Querdenker" wie Karl-Theodor zu Guttenberg und Peter Gauweiler (beide CSU) wolle er dazu einladen.
"Wir wollen mit ehrlichem Herzen unseren Beitrag leisten, dass wir in schwierigem politischem Umfeld wieder ein Stück Vertrauen und Normalität herstellen. Daran wollen wir mitwirken", sagt der CSU-Chef. "Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie heute erklären ließen, dass wir nicht als Verschwörer kommen", witzelte Seehofer während seiner Unterredung mit Putin, wie danach bekannt wurde. Er habe selten so viel Falsches vor einer Reise gelesen und gesehen wie diesmal.
Von "Nebenaußenpolitik" keine Rede
An der Reise war Kritik laut geworden, sowohl aus Reihen der Landtagsopposition als auch aus dem Bundestag. Damit kann Seehofer gar nichts anfangen. Er habe "kein einziges Argument gehört, das man ernst nehmen kann", sagte er noch während des Flugs nach Moskau. Jeder Ministerpräsident habe die Pflicht, sein Land überall auf der Welt zu vertreten, und dabei gebe es keine thematischen Einschränkungen. Dass die bayerische Opposition an diesem Bemühen zweifelt, erkläre auch "deren Umfragewerte".
Sowohl er selbst als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werteten die Reise als "reine Selbstverständlichkeit". Von "Nebenaußenpolitik" gegen die Kanzlerin könne keine Rede sein, sagte Seehofer im Flugzeug. Zwischen ihm und der CDU-Chefin gebe es nur eine Meinungsverschiedenheit im Umgang mit der Flüchtlingskrise und im Weg zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Auch Merkel sei gegen Sanktionen auf Dauer, erklärte Seehofer.
Auch Menschenrechtsfragen werde er in Moskau besprechen, kündigte Seehofer an. Am Donnerstag kommt er zudem mit Vertretern der russischen Zivilgesellschaft zusammen. Ebenfalls am Donnerstag steht ein Treffen Seehofers mit dem Gouverneur der Region Moskau, Andrei Worobjow, dem russischen Handels- und Industrieminister Denis Manturow, dem Moskauer Oberbürgermeister Sergei Sobjanin sowie dem russischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Alexei Uljukajew, auf dem Programm. Moskau ist Partnerstadt Münchens und die Region Moskau eine Partnerregion Bayerns. Stoiber dagegen wird am Donnerstag mit dem außenpolitischen Berater Putins, Jurij Wiktorowitsch Uschakow, zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammentreffen.